9. Sommerakademie in Vinnenberg – Klostertage unter besonderen Bedingungen

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Wasser – Urquell des Lebens, unter diesem Leitthema fand vom 2. bis 7. August unsere 9. Sommerakademie im Kloster Vinnenberg statt. Dass sie nicht „ins Wasser gefallen“ ist und vielmehr zu einer Leib und Seele erfrischenden Erfahrung wurde, das ist vor allem der sorgsamen und ausgeklügelten Rundum-Organisation von Dr. Carl Möller und seinem Team zu danken.

Wie sehr Carl Möller und Thomas Schwind als langjährige Gastgeber der Sommerakademie auch sonst mit allen Wassern gewaschen sind, zeigten sie in ihrem spritzigen „Wasserduett“ zur Einführung, in dem sie sich die Bälle in einem Strom von Alltagswendungen und Sprichwörtern mit Wasserbezug nur so zuwarfen.

In drei Workshops öffneten sich den dreißig Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterschiedliche Zugänge zu den inneren Gewässern: Mit Anna Röcker erkundeten sie in Musikreisen die gestaltende Kraft der Meere, Flüsse, Bäche und Seen. Carl Möller leuchtete in seinem Workshop die biblische Wassersymbolik zwischen dem schöpferischen „Geist Gottes über den Wassern“ und dem Ritual der Taufe tiefenpsychologisch aus. Mit Thomas Schwind tauchte man hinab und schwamm im Bilderstrom des Unbewussten, der in der Aktiven Imagination hervorquillt. Für jeden der Workshops galt: auf Wellen, in den Schnellen, Strudeln oder im Fluss gab es viele Möglichkeiten zur Selbstwahrnehmung, zu bewusster Reflexion des Erfahrenen insbesondere auch im Gespräch, Zuhören und Austauschen mit anderen.

Jenseits aller individuationsfördernden „Tiefenbohrungen“ ging es in Vorträgen, Diskussionen und Exkursionen auch um ökologische, gesellschaftliche und politische Fragen zur Bedeutung des Wassers unter den Folgen des Klimawandels. Dr. Monika Müller erörterte fachkundig die globalen Wege des Wassers – und die Konsequenzen seiner erschreckenden Abwege, die durch macht- und profitorientiertes Kalkül einerseits und mangelndes Bewusstsein andererseits verursacht werden. Sie stieg aber auch direkt vor Ort ein in Fragen von Gewässerschutz und ökologischer Vielfalt: In der heißen Augustsonne des Münsterlandes stapften die Teilnehmerinnen und Teilnehmer barfuß oder in Gummistiefeln vorsichtig durch die dicht bewachsenen Auenwindungen der erst jüngst renaturierten Bever, fischten Wasserskorpione, Egel und Kleinst-organismen aus Algen, von den Steinen und aus der Tiefe, maßen Sauerstoff, Sättigung, Temperatur – und erfuhren Erstaunliches über die Qualitäts-unterschiede des Flusswassers, nur 80 Meter entfernt von seinem noch kanalisierten Bett.

In weiteren Vorträgen lotste Thomas Schwind seine Zuhörerinnen und Zuhörer durch die Mythentiefen des Wassers, das als Prima Materia in den Schöpfungsgeschichten überall der Weltschöpfung vorausliegt und dadurch seine besondere mythenbildende Kraft erhält. Metaphorisch und psychologisch ging es sodann in zahlreichen literarischen Beispielen in die unermesslichen Tiefen des Meeres, in das fließende (und immer neu zufließende) Wasser des Flusses, an die Quellen des Ur-Sprungs und in den Abgrund der Brunnen.

Anna Röcker führte in die heilsamen Wirkungen von „Wassermusik“ in der Musiktherapie ein. Gerhard Tiemeyer leuchtete die Bedeutung des Wassers in den Märchen aus – und gab den TeilnehmerInnen am Abend im Klostergarten eine Probe seiner Erzählkunst mit der „Nixe im Teich“.

Musste der traditionelle Singabend mit Stephan Hinssen auch den Pandemie-Vorkehrungen geopfert werden: Viele andere beliebte „Akademie-Highlights“ fanden dennoch in diesem Jahr statt. Nicht nur die so entspannenden wie anregenden morgendlichen Einstimmungen bei Yoga, Qi Gong oder Leibarbeit vor dem Frühstück; auch das gastliche Abendbuffet im Freien, das vom „Team Vinnenberg“ stets mit themenbezogenen Dekorationen und großer Liebe zum Detail ausgerichtet wird, wurde zu einem besonderen Ereignis, bei dem die Freude aller an Kontakt und Begegnung spürbar wurde.

Mundschutz, Abstandsgebote, Desinfektion und Verhaltensregeln – sie wurden jedenfalls nicht zum Hauptthema dieser Sommerakademie. Das 10-jährige Jubiläum im nächsten Jahr würden wir trotzdem gerne ohne feiern.

Claudia Zumbrock